Nach­haltigkeits­manage­ment: Cleaner Neustart für eine alte Raffinerie

Ein Raffineriegelände wird zum Innovationspark: Mit dem IN-Campus-Projekt zeigen Audi und die Stadt Ingolstadt, wie Nachhaltigkeitsmanagement in der Praxis klappt. Und wieviel Zeit, Arbeit und Hirnschmalz nötig ist, damit eines der aufwendigsten Sanierungsprojekte Deutschlands gelingt.

09.07.2019 Lesezeit: 4 min

Mitarbeiter an Air-Sparging-Anlage

Direkt neben dem Ingolstädter Fußballstadion, an dem am Wochenende der FC Ingolstadt seine Fußballspiele austrägt, fährt ein schwarzer Audi Q5 über staubige Erde. Nur Sekunden nachdem ein Raupenfahrzeug den harten Boden eben gewalzt hat. Große Erdbrocken fliegen an den Scheiben hoch, brauner Schlamm spritzt an den sauberen Lack. Hinterm Steuer sitzt Andrea Robien, zuständig für den Bodenschutz in der Umwelt-Abteilung bei Audi. Sie fährt eine geschmeidige Rechtskurve, lässt die Scheibe herunter und deutet mit zwei Händen auf die 75 Hektar große Landschaft, auf der 200 Fußballmannschaften gleichzeitig spielen könnten.

Die Expertin begleitet mit ihrem Fachwissen eines der aufwendigsten und größten Sanierungsprojekte Deutschlands: den IN-Campus am Rande von Ingolstadt. Hier geht es um gelebtes Nachhaltigkeitsmanagement: „Es ist ein absolutes Leuchtturmprojekt, was Umweltschutz und Nachhaltigkeit angeht.“

Schädliche Überbleibsel: 600 Millionen Kilogramm Erde gereinigt

43 Jahre lieferte das Gebiet täglich Erdölprodukte für den gesamten Freistaat Bayern. Am Knotenpunkt der Eisenbahnlinien und zwischen den damals größten Energieverbrauchern des Bundeslandes München und Nürnberg gelegen, wurde Ingolstadt ab 1959 von einer rein landwirtschaftlich geprägten Stadt rasend schnell zum Industriestandort. Doch die Umweltzerstörung durch den Menschen hat Spuren hinterlassen. Tief unter den Reifen des Audi Q5 verborgen, befinden sich heute die schädlichen Überbleibsel des Raffineriebetriebs im Erdboden. 600 Millionen Kilogramm dieser Erde reinigt jetzt die IN-Campus GmbH, ein Joint Venture der Stadt Ingolstadt und Audi. Wirksames Nachhaltigkeitsmanagement, mit dem das Unternehmen seiner ökologischen und sozialen Verantwortung nachkommt.

Nachhaltiges Projekt für das IN-Campus Gelände
Nachhaltigkeitsmanagement für 75 Hektar: Neben dem riesigen Gelände wirkt das Fußball-Stadion (links) nahezu winzig.

Nach­haltigkeits­manage­ment: Alles neu für Mensch, Stadt und Umwelt

Genau hier errichtet Audi zusammen mit der Stadt künftig einen modernen Technologiecampus mit nachhaltiger Architektur. In einer ersten Baustufe entsteht ein Projekthaus für Zukunftstechnologien, ein neues Fahrzeugsicherheits-Zentrum, ein Rechenzentrum und eine Energiezentrale. Eine wahre Renaissance für den alten Raffinerie-Standort. „Das ist ein Highlight für jeden Umweltschützer und ein Bekenntnis zum Standort,“ sagt Robien. Von der Rohöl­verarbeitung zum Spitzen­technologie­zentrum, von der Vergangenheit direkt in die Zukunft. Was damals das Erdöl für die Energiesicherung war, sind heute – 60 Jahre später – innovative Ideen für die automobile Zukunft, mit denen die Region von hier künftig versorgt werden soll. Und ein großer Schritt für gelebtes Nachhaltigkeits­management in der Praxis.

„Gründlichkeit vor Schnelligkeit“: 1.200 Sonderbohrungen und 50.000 Laboranalysen

Dieser Neuanfang ist nicht selbstverständlich. Verunreinigte Gebiete werden oft versiegelt, um die giftigen Stoffe im Boden einzuschließen. Riesige Nutzflächen mit guter Verkehrsanbindung liegen dann ohne Nutzen und weiterhin belastet brach. Weder Umwelt, Mensch noch Stadt profitieren davon. Doch solche Gebiete zu säubern, braucht Zeit und (Arbeits-)Kraft. „Gründlichkeit geht hier vor Schnelligkeit,“ sagt Robien. Denn die Schadstoffe im Boden unterscheiden sich stark. In den letzten Jahren gab es bereits 1.200 Sondierbohrungen bis in 15 Meter Tiefe und mehr als 50.000 Laboranalysen verschiedener Schadstoffe. Je nach physikalischer oder chemischer Schadensgruppe mussten Andrea Robien und ihre Kollegen geeignete Sanierungsverfahren auswählen.

Nachhaltige Architektur auf dem IN-Campus Ingolstadt
Nachhaltigkeitsmanagement: Fleißige Bienen – die Stahlwaben am IN-Campus befördern den verunreinigten Boden an die Oberfläche.

Nachhaltiges Projekt: Mit High-Tech für den Umweltschutz

Und wie funktioniert das Nachhaltigkeitsmanagement nun im Detail? In einer großen “Waschmaschine” werden auf dem ehemaligen Raffineriegelände täglich bis zu 1.200 Tonnen Erdboden von Schadstoffen gereinigt. Der kontaminierte Boden wird aus 33.000 Stahlwaben an die Oberfläche gebracht und in der sogenannten Bodenwaschanlage wie in einer gigantischen Waschtrommel abgewaschen. Die Bestandteile, wie grobe Steine und feiner Sand, werden in mehreren Stufen mit Waschwasser gereinigt bis die Schadstoffe gelöst sind und sich nun im Wasser selbst befinden. Dieses wird über viele Stufen gereinigt und im geschlossenen Kreislauf der „Waschmaschine“ wieder zugeführt. Über 90 Prozent des Bodens wird dadurch wie neu und kann wiederverfüllt werden, weniger als 10 Prozent werden als Abfall fachgerecht entsorgt. „Wir versuchen Lösungen zu finden, die bestmöglich für die Natur sind“, betont Robien. Auch das gehört zur Nachhaltigkeit in Unternehmen.

Nachhaltigkeitsmanagement: giftigen Boden reinigen

Nachhaltigkeit für die Ökologie: „Die Waschmaschine“ alias Bodenwaschanlage reinigt den Boden gründlich.

Für die ehemalige Raffinerie Ingolstadt bedeutet das konkret: Mit der sogenannten Air-Sparging-Methode werden leichtflüchtige Schadstoffe entfernt. Dafür muss der Boden nicht ausgehoben und in einer Waschmaschine gereinigt werden, sondern es werden Strohhalme verwendet. Größer als die uns bekannten sind sie schon, aber das Prinzip ist das gleiche: Bläst man Luft per Trinkröhrchen in die Limonade, entweicht Kohlensäure und es blubbert. Im Grundwasser verschwinden leichtflüssige Schadstoffe durch den Strohhalm genauso wie die Kohlensäure im Getränk. Ein Kubikmeter belastete Bodenluft pro Sekunde kann durch das Verfahren gereinigt werden – 10.000 Menschen müssten dafür gleichzeitig in Strohhalme blasen.

Neben dem Boden selbst, ist auch das Grundwasser im Gebiet der ehemaligen Raffinerie Ingolstadt belastet. Damit dies nicht in die angrenzenden Flächen gelangt, wird es von zehn Brunnen über ein 4,5 Kilometer langes Rohrleitungsnetz aufgefangen und in einer Aufbereitungsanlage gereinigt. Pro Stunde werden so bis zu 210 Kubikmeter Grundwasser aufbereitet. Ob das Wasser anschließend auch tatsächlich sauber ist, wird an unterschiedlichen Stellen untersucht. Erst dann darf es im Boden versickern.

Und dann gibt es sie bereits jetzt: Die kleinen Stellen und stillen Momente auf dem Gelände, an denen man erkennt, dass hier etwas Neues und Gutes entsteht. Als der Audi Q5 den Nordteil des Geländes passiert, steckt eine Ente ihren Kopf aus dem glasklaren Teich am Waldrand. Andrea Robien lächelt. „Es ist uns wichtig, der Umwelt etwas zurückzugeben.“ 15 Hektar der IN-Campus Fläche überlässt Audi vollständig der Natur. Andrea Robien und ihre Kollegen haben die unsichtbare Grundlage für die kommenden Schritte gelegt und erst durch ihr durchdachtes Nachhaltigkeitsmanagement Innovationen ermöglicht. Wenn die Architekten ihre Visionen auf dem IN-Campus später zum Leben erwecken, ist ihre Arbeit hier bereits beendet. Sie bugsiert den Audi Q5 am Stadion vorbei und fährt Richtung Waschanlage davon.

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