Ganz genau

Dass die Spaltmaße bei jedem Audi derart perfekt gleichmäßig sind, das liegt auch an der Arbeit von Analyse-Messtechniker Ralf Hofmeister und seinen Kollegen aus dem Audi Production Lab Dirk Zitterell und Rudolf Reinhard. „Unser Tool trägt den zugegeben etwas sperrigen Titel: Karosseriebau – Prozessorientierte Wirkkettenanalyse, kurz K-PoWa“, sagt Ralf Hofmeister. „Damit beantworten wir die Frage: Gibt es in Bezug auf die Fahrzeuggeometrie Auffälligkeiten im Fertigungsprozess und welchen Einfluss haben diese auf das Gesamtergebnis bzw. wie wirken sie sich untereinander aus? Die Verwendung moderner Verfahren aus dem Data-Science-Bereich wie zum Beispiel Anomalie-Detektion ermöglicht uns eine vollautomatische statistische Prozessüberwachung der Messreihen.“ Dafür werden bei Audi im Werk Ingolstadt 100 Prozent der Karosserien und deren Untergruppen vermessen.

“Eine enorme Datenmenge von circa 3.000.000 Datensätzen werden pro Tag durch unsere Messungen erzeugt.”
Am Standort Ingolstadt betreibt der Karosseriebau in Zusammenarbeit mit der Messtechnik des Analysezentrums 92 Inline-Mess-Stationen mit 412 Sensoren. Es werden circa 1.000 Messpunkte pro Fahrzeugmodell erfasst. Ein Messpunkt ist eine definierte Position am Fahrzeug, an dem die Karosserie bzw. das Bauteil gemessen wird, um die Einhaltung vorgegebener Sollwerte beziehungsweise eine etwaige Veränderung festzustellen. „Die Daten, die wir pro Tag durch unsere Messungen erzeugen, sind gewaltig: Circa 3.000.000 Datensätze pro Tag“, erklärt Hofmeister. „Eine vollumfängliche manuelle Überwachung dieser enormen Datenmenge ist kaum leistbar. Hier kommt K-PoWa zum Einsatz, womit wir bei Audi beweisen, was Industrie 4.0 bedeutet und wie Big Data uns allen helfen kann.“
Einsatz von Big Data
In der Produktion bei Audi erzeugen Mensch und Maschine immense Datenmengen – mit rasch steigender Tendenz. In diesen Daten stecken zahlreiche wertvolle Informationen und Zusammenhänge. Für die Produktion bedeutet Big Data in Summe den Wandel hin zur datengetriebenen und damit hochflexiblen und zugleich hocheffizienten Fertigung. Denn durch die gezielte Verknüpfung, Aufbereitung und Auswertung von Daten entsteht ein großer Mehrwert für eine nachhaltige Produktion. Durch die effektive Gestaltung von Prozessen und die Vermeidung von Fehlern werden Materialien ressourcenschonend und effizient eingesetzt. Auch die Mitarbeitenden können durch optimierte Produktionsabläufe entlastet werden.

Daten richtig nutzen
Die Möglichkeit, im Karosseriebau drei Millionen Datensätze zu erzeugen, ist natürlich nur der Anfang. Wichtig ist die Entscheidung: „Wie können wir die Daten dazu nutzen, um die Fragestellungen aus dem Geschäftsprozess des Fachbereichs zu beantworten?“, sagt Data Scientist Dirk Zitterell. Er und Rudolf Reinhard arbeiten im Audi Production Lab (P-Lab), in dem viele neue Technologien für die Produktion entstehen. „Als Teil der Technologieentwicklung erschaffen wir mit den Kollegen aus dem Geschäftsbereich Produktion Werkzeuge für die Datenanalyse in der Fertigung oder in der Planung auf dem neuesten Stand der Forschung und Technik“, sagt Rudolf Reinhard. „Das Lab fungiert als Schnittstelle zwischen Innovation und Serieneinsatz und unterstützt gezielt Mitarbeiter und Planer in der Produktion.“

Inline-Messstation im Werk in Ingolstadt: Audi profitiert auch vom Einfallsreichtum der Beschäftigten. Das wichtigste zum Audi Ideen-Programm finden Sie im Audi Nachhaltigkeitsbericht (Seite 90)
Das agil arbeitende K-PoWa-Team stand vor der Aufgabe, ein technisches Auswertetool zu schaffen, welches Zusammenhänge in den Datensätzen vollständig und quantitativ erfasst und visuell darstellt. Erste Lösungsansätze wurden im Zuge des Audi Smart Factory Hackathon aufgezeigt. Mittlerweile wird das Projekt von einem Projektteam, bestehend aus Kollegen von P-Lab, Karosseriebau, Analysezentrum und IT, weiterentwickelt. „Als Premium-Hersteller haben wir einen Anspruch, der sehr hoch ist. Auch dafür ist dieses Projekt ein gutes Beispiel“, erklärt Data Scientist Rudolf Reinhard. Und er ergänzt: „Auch zu mehr Nachhaltigkeit in der Produktion trägt unsere präventive Messtechnik bei: Wirtschaftlich in Bezug auf Nacharbeitskosten, Aufwände und Zeit. Mit Blick auf unsere Umweltbilanz: Es sinken Energieverbrauch und es gibt weniger Ausschuss.“
1.200 Patente im Berichtsjahr 2019
Die Zahl von Patenten ist ein guter Indikator für Innovationsfähigkeit und Innovationsmanagement. Wenn es um Innovationen geht, setzt Audi schon seit Jahren Bestmarken.
Im Berichtsjahr 2019 hat Audi mehr als 1.200 Patente angemeldet. Im Bereich des autonomen Fahrens zum Beispiel belegte Audi in den vergangenen Jahren in
Studien des Deutschen Patent- und Markenamts und des Europäischen Patentamts Spitzenplätze unter den Automobilherstellern.
Um Innovationen gezielt voranzutreiben, nutzt Audi auch Hackathons. Der Begriff ist eine Wortschöpfung aus „Hack“ und „Marathon“. Es ist eine kollaborative Soft- oder auch Hardware-Entwicklungsveranstaltung.
Ziel dieser kollaborativen Treffen ist es stets, innerhalb einer kurzen Zeitspanne – manchmal sogar nur über die Dauer einer Veranstaltung – nützliche und kreative Softwareprodukte herzustellen, Lösungen für gegebene Herausforderungen und konkrete Anwendungsfälle zu finden.
Mehr über Hackathons bei Audi erfahren
ABI: Business Innovationen bei Audi
Innovationen treibt auch die Audi Business Innovation GmbH (ABI) als eine 100-prozentige Tochtergesellschaft voran. Das Ziel der ABI ist es, effizient und nachhaltig heutige und zukünftige Kundenprobleme zu lösen und so die digitalen Geschäftsmodelle von morgen zu prägen. Als eines von vier Geschäftsfeldern bündelt der Bereich „Business Innovations“ die Kompetenzen „Service Design“, „Business Design“ und „Projektmanagement“.
Einer der Schwerpunkte liegt in der Geschäftsmodellentwicklung rund um das Thema Energie und Nachhaltigkeit. In verschiedenen Konzernprojekten entwickelt die ABI gemeinsam mit Kunden Produktideen und validiert diese zum Beispiel hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft und Marktanforderungen und möglicher Take-Rates. Dazu führt das Unternehmen auch regelmäßig Interviews mit Flottenmanagern oder testet Digitalprodukte und Services mit Kunden.