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Daten sammeln und auswerten
„Die Simulation ist zwischen den Rennterminen eine unserer Kernaufgaben und für unsere Fahrer und Techniker das wichtigste Tool zur Vorbereitung auf das nächste Rennen“, sagt Tristan Summerscale, Projektleiter Formel E bei Audi. Im Auftrag von Audi setzt das Team in der Formel E die Rennfahrzeuge ein. Die Formel-E-Meisterschaft trägt ihre Rennen bei Ein-Tages-Events weltweit inmitten von Metropolen wie Berlin, Paris oder New York auf eigens für sie errichteten Stadtkursen aus.
Nach einem E-Prix, so der offizielle Name der Formel-E-Events, werden alle daran beteiligten Rennautos verladen und gemeinsam zum nächsten Austragungsort transportiert. „Da die Hardware der Fahrzeuge während der laufenden Rennsaison nicht verändert werden darf, können wir unsere Autos nur wettbewerbsfähiger machen, wenn wir permanent ihre Vorbereitung, Abstimmung und die Software verbessern“, erklärt Summerscale. Dazu wird zunächst nach jedem Rennen intensiv analysiert.
Wichtigste Einflussgrößen bei den bis auf die Antriebseinheit weitgehend einheitlichen und damit höchste Leistungsdichte garantierenden Formel-E-Autos sind: Fahrwerks-Set-up, Reifen-Performance, Management des Batterievorrats für den elektrischen Antrieb. Alle während Training, Qualifying und Rennen digital erfassten Informationen der beiden Formel-E-Rennwagen von Audi werden detailgenau ausgewertet. „Entscheidend bei der Datenanalyse ist, jeden Schwachpunkt exakt zu identifizieren und daraus fürs nächste Rennen die richtigen Verbesserungen für mehr Speed zu entwickeln“, so Summerscale.

Testen im Simulator
Die folgenden Schritte zur Optimierung der Audi e-tron FE06 fürs nächste Rennen passieren im dynamischen Fahrsimulator von Audi. Den hat Audi Sport seit 2018 in seiner Motorsportzentrale in Neuburg an der Donau in Betrieb. Bei den Testterminen dabei sind die Fahrer von Audi Sport ABT Schaeffler, Einsatzingenieure von Audi Sport und dem Einsatzteam ABT Sportsline, je nach Themenschwerpunkt noch ein Fachingenieur von Audi. Hinzu kommt der für die Simulatorbedienung zuständige Audi Ingenieur, der sogenannte „Prüfstandfahrer“.
Die Piloten sitzen in einem Cockpit, das auf computergesteuerten, dreidimensional beweglichen Stelzen montiert ist. Sie stehen auf einer ebenfalls in drei Ebenen verschiebbaren Plattform mit insgesamt neun Freiheitsgraden. Diese Konstruktionsweise verleiht dem Fahrsimulator seine Dynamik. „Im Gegensatz zum statischen Simulator werden im dynamischen Simulator auch die Bewegungen des Fahrzeugs simuliert“, erklärt Bastian Göttle, der bei Audi für die Koordination des Fahrsimulators verantwortlich ist. Die von Audi verwendete Fahrerzelle entspricht 1:1 der des realen Formel-E-Autos.
Dieser Simulationsrennwagen verfügt über einen aktiven Sitz und aktive Gurte. So werden die Zug- und die Druckkräfte, die bei der Fahrt entstehen, realitätsgetreu auf den Fahrer übertragen – in Kombination mit der Beschleunigung und Verzögerung des Simulators von bis zum 3,5-fachen des Körpergewichts. Der Fahrer sitzt in einem realistischen Monocoque, in dem Lenkrad, Pedalerie und Sitz identisch mit dem echten Rennfahrzeug sind. Die virtuelle Strecke, die er befährt, wird rundum auf eine 240-Grad-Leinwand projiziert. „Dank der optimierten Grafik sind wir jetzt noch näher dran an der Realität“, sagt Audi Werksfahrer Lucas di Grassi, der Formel-E-Champion von 2016/2017. Ein eigenes Soundmodell liefert die Originalgeräusche des Formel-E-Autos. Im Kontrollraum nebenan verfolgen die Techniker auf einer Reihe von Monitoren jedes Fahrmanöver und jede Fahrzeugreaktion.

Virtuell Rennen wiederholen
Die Vorbereitung auf das nächste Rennen im Fahrsimulator beginnt bei Audi Sport ABT Schaeffler mit der Nachbereitung des vorangegangenen Formel-E-Laufs. „Wir geben die Daten der dabei real gefahrenen Fahrwerksabstimmung, die Asphalt- und Lufttemperaturen, die geherrscht haben, in den Simulator ein und lassen einen unserer Fahrer unser letztes Rennen und auch das dazugehörige Qualifying virtuell nachfahren“, berichtet Summerscale.
„Stellen wir dann Abweichungen zwischen den real gewonnenen Streckendaten und den bestehenden Simulationsmodellen für Fahrzeug oder Reifen fest, ändern wir die betroffenen Teilmodelle des Systems entsprechend und gleichen sie so noch näher der Realität an,“ präzisiert Summerscale. Jeder dieser sogenannten Korrelationsschritte führt zu weiter verfeinerten Simulationsprogrammen und macht virtuell noch realitätsgetreuere Qualifikations- und Rennvorbereitungen möglich. „Bei Strecken, auf denen wir schon mehrmals gefahren sind und entsprechend viele reale Daten gesammelt haben, erreichen wir bei unseren Fahrsimulationen eine noch genauere Übereinstimmung mit der Realität.“

Neue Strecken lernen
Komplett neue oder gegenüber dem Vorjahr im Layout stark veränderte Rennstrecken sind in der Formel E keine Seltenheit. Das Streckentraining im Fahrsimulator ist deshalb für die Fahrer von Audi Sport ABT Schaeffler eine weitere wichtige Aufgabe vor jedem E-Prix. Die virtuellen Pistendaten liefert die Motorsportbehörde FIA allen Teams, die diese dann für ihre Fahrsimulation individuell anpassen. „Auf dem Prüfstand funktioniert das Eingewöhnen bei mir auch bei ganz neuen Kursen innerhalb weniger Runden. Das spart mir auf den realen Pisten am Veranstaltungstag, wo Training, Qualifying und Rennen ganz kurz hintereinander stattfinden, viel wertvolle Zeit. Die kann ich dann nutzen, um weiter meine Abstimmung zu optimieren“, sagt Lucas di Grassi.


Fahrwerks- und Reifenstrategien ausloten
Wegen der baugleichen Aerodynamik aller Fahrzeuge sind zwei andere Faktoren besonders entscheidend im Wettbewerb der Formel E: die Wahl der bestmöglichen Fahrwerkseinstellung und der optimale Umgang mit den Reifen. Für beide Bereiche kann Audi in seinem dynamischen Fahrsimulator alle möglichen Varianten durchspielen: Federn, Dämpfer, Stabilisatoren, Radsturz, jeder Bestandteil der Fahrwerksabstimmung wird beim virtuellen Test ebenso intensiv ausgelotet wie das komplexe Zusammenspiel dieser Parameter.
Noch bedeutsamer ist die Qualität der Reifensimulation. Denn in der Qualifikation zum Rennen hat jeder Formel-E-Pilot nur eine Runde zum Erzielen der Zeit, die über seinen Startplatz fürs Rennen entscheidet. Dafür müssen die profilierten Reifen des exklusiven Formel-E-Partners Michelin punktgenau maximalen Grip liefern. Das zu erreichen, liegt in den Händen jedes Fahrers und seiner Techniker. Das Warmfahren der frischen, kalten Pneus muss genauso passen wie der Reifenluftdruck.
Anhand des Reifenmodells, das im dynamischen Fahrsimulator integriert ist, untersucht Audi im Vorfeld jedes E-Prix zum Beispiel auch die Einflüsse auf das Fahrverhalten durch die verschiedenen Temperaturen und Drücke, die sowohl im Innern der Reifen als auch von außen auf sie einwirken. Und die zwischen Geradeaus- und Kurvenfahrt ständig schwanken und maßgeblich bestimmen, wie stark oder schwach die Laufflächen für Bodenhaftung sorgen. Werden die sensiblen Gummiwalzen im Eifer am Lenkrad einmal überstrapaziert und zu schnell verschlissen, im Fahrsimulator ist das gar kein Problem: An der virtuellen Box reicht nur ein Klick, schon sind die Reifen wieder frisch.


Energievorrat optimal einsetzen
Der Testpunkt mit dem höchsten Stellenwert im Vorbereitungsprogramm des Formel-E-Projektes von Audi ist das Energiemanagement. Das bedeutet: Für das Rennen die bestmögliche Fahrstrategie zu finden, um mit dem maximal erlaubten elektrischen Energievorrat von 52 kWh aus der Lithium-Ionen-Batterie des Audi e-tron FE06 am schnellsten die vorgegebene Distanz (45 Minuten plus eine Runde) zu schaffen. „Fahrerisch ist das die größte Herausforderung der Formel E“, weiß Lucas di Grassi. Der Brasilianer beherrscht die hohe Kunst des passenden Energiemanagements wie kaum ein anderer Pilot. Damit hat er schon so manchen seiner zahlreichen Formel-E-Siege möglich gemacht.
Im Fahrsimulator in Neuburg probieren die Formel-E-Piloten von Audi in Sachen Energievorrat stets verschiedene Rennszenarien. Bedacht werden dabei ebenfalls die bis zu drei unterschiedlichen Motorleistungen, die während der Rennen zur Verfügung stehen: 200 kW (272 PS) für den Normalbetrieb, 235 kW (320 PS) im Attack Mode (Anzahl und Dauer in jedem Rennen unterschiedlich) und 250 kW (340 PS) per FanBoost (kurzfristig für fünf per Voting via Internet von den Fans bestimmte Fahrer).

Vorsprung auch durch Fahrsimulation
So wie die Weiterentwicklung jedes Rennautos nie abgeschlossen ist, so treibt Audi auch das Verbessern seiner Fahrsimulation permanent voran. Das ist für Tristan Summerscale und sein Team ein Schlüssel für weitere Siege und Titel. Der Projektleiter Formel E bei Audi sagt: „Jedes einzelne auch nur ein bisschen optimierte Element der 2.000 Puzzleteile unseres Formel-E-Autos bringt uns voran. Genauso leistet jeder unserer Fortschritte bei der Fahrsimulation seinen Beitrag, um am Ende vielleicht die entscheidende Zehntelsekunde zu gewinnen.“
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