Mönchengladbach
Nachhaltige Sitzbezüge im neuen Audi A3

Bisher kennen wir Einkaufstüten oder Kleidung aus recycelten PET-Flaschen. Aber auch bei Audi stehen nachhaltig gefertigte Materialien im Zentrum der Neuentwicklungen. Das Potenzial ist riesig: Etwa 340 Kilogramm Kunststoff stecken in einem Auto, davon ist schon etwa die Hälfte recycelbar. Für die Abteilung für Materialentwicklung bei Audi ist da aber noch mehr möglich in Zukunft: „Unser Ziel ist es, den Sitzbezug komplett aus sortenreinem Material herzustellen, damit es wieder dem Kreislauf zugeführt werden kann. Davon sind wir nicht mehr weit entfernt“, erklärt Ute Grönheim. Die studierte Textildesignerin ist in der Materialentwicklung mitverantwortlich für die Sitzbezüge im neuen Audi A3. Ein Sitzbezug besteht aus 45 1,5-l-PET-Flaschen. Doch was genau steckt dahinter?
Von der PET-Flasche zum Garn: sortieren, schreddern, schmelzen

Das Granulat besteht zu 100 Prozent aus recycelten PET-Flaschen.
Von den zurückgegebenen Flaschen verwendet eine Kunststoffrecycling-Firma nur die durchsichtigen. Denn diese sind leichter einzufärben. Die Schraubverschlüsse kommen weg, ein Waschautomat reinigt die Flaschen. Ein Schredder zerkleinert die Flaschen dann zu kleinen Flocken, sogenannten Flakes. Daraus entsteht das Granulat, aus dem ein Garnproduzent die Polyesterfäden, das spätere Garn, spinnt.
„Dieses Granulat ist im Prinzip das gleiche wie bei anderen Sitzbezügen, jedoch aus recycelten PET“, erklärt Grönheim. Ein weiterer Unterschied: Das Granulat ist nicht so gleichmäßig geschrotet und rein wie das industriell hergestellte. „Das kann die Düsen bei der Garnherstellung verstopfen. Zudem ist das Granulat unregelmäßig beschaffen, dadurch weniger saugfähig und braucht etwas mehr Farbe“, sagt Grönheim. Deshalb ist es etwas aufwändiger und teurer als sonst, recycelte Polyesterfäden herzustellen.
Vom Garn zum Sitzbezug: „Web“-Design mal anders
Auf etwa zwei Kilogramm schweren Spulen gelangt das Garn zur traditionsreichen Tuchfabrik Willy Schmitz nach Mönchengladbach. Dort wird der Stoff für die Audi Sitzbezüge verarbeitet und ein Gewebe hergestellt. In der Produktionshalle stehen 50 große Webstühle. „Das „Web“-Design speisen wir per USB in die Webmaschinen ein. Dann läuft alles automatisch ab“, erklärt Designleitung Britta Gebhardt. Die Webstühle hämmern, das Garn rauscht über den Kettbaum. In der Halle ist es ohrenbetäubend laut. Zwei der Maschinen weben gerade den Stoff „Torsion“, aus dem die Sitzbezüge der Design selection des neuen Audi A3 bestehen.

“Die Qualität des Gewebes ist die gleiche, der Endverbraucher sieht auch optisch keinen Unterschied.”
Für Betriebsleiter Markus Bartsch macht es bei der Verarbeitung des Garns keinen Unterschied, ob es aus künstlich erstellten PET oder recycelten PET besteht. Nach dem Weben sieht der Stoff schon fertig aus: Er hat ein Muster und fühlt sich bereits wie ein Sitzbezug an. Doch fertig ist er noch lange nicht.
Der Stoff muss erst mehrere Qualitätskontrollen bestehen. Die wichtigste führt Yvonne Peschmann durch. Die erfahrene Textilstopferin
weiß, worauf es ankommt. Mit geschultem Blick sieht sie jeden überflüssigen Faden und mit ihren Händen streicht sie über das Tuch, um Knoten oder Verhärtungen zu erfühlen. Kleinere Fehler repariert sie sofort mit Nadel, Faden und Schere, größere Mängel markiert sie. So kontrolliert sie etwa 200 Meter Tuch pro Stunde.
Mit Tuch und Vlies zum Sitzbezug
Nach der Qualitätskontrolle wird der auf sogenannten Kaulen gespulte Stoff in einer etwa 20 Meter langen Waschstraße bei 60 Grad Celsius gereinigt. Etwa 30 Meter Stoff schafft die Maschine mit mehreren Waschkammern pro Minute. Auf einer Kaule sind etwa 600 Meter Tuch. Deshalb dauert ein Waschgang knapp eine Stunde. Nach dem Waschen wird der Stoff geglättet und getrocknet.

Auf den Sitzbezug wird für den Sitzkomfort weicher Vlies geklebt.
Im nächsten Schritt klebt eine Maschine Vlies an den Stoff. Das wird „Kaschieren“ genannt und ist wichtig für den Sitzkomfort auf dem Autositz. „Das funktioniert im Moment durch Flammkaschierung. Dabei schmelzt ein sogenannter Flammbalken den dünnen Schaum an, der dann zusammen mit dem Vlies an das Tuch geklebt wird“, erklärt Gebhardt. Mit dem Vlies besteht der Sitzbezug aus bis zu 89 Prozent recycelten PET-Flaschen.
Nach einer letzten Qualitätskontrolle und einem Belastungstest sind die Arbeiten in der Tuchfabrik Schmitz beendet. Der Stoff für den Sitzbezug im neuen A3 geht auf die Reise in die nächsten Fabriken. Die Näherei bringt den Stoff in Form, die Polsterei spannt ihn über den Sitz. Fertig ist der nachhaltige Sitz aus recycelten PET-Flaschen für den neuen Audi A3.
Nachhaltigkeit bei Audi: Ökologische Kreislaufwirtschaft durch Recycling
Nachhaltige Sitzbezüge hautnah erleben: Audi zeigt die Sitze bei der Weltpremiere des neuen A3 beim Autosalon Genf im März 2020. „Wir haben die Chance, in den kommenden Jahren in puncto Nachhaltigkeit viel zu erreichen. Wir wollen die Sitzbezüge komplett sortenrein herstellen – aus 100 Prozent recyceltem PET“, sagt Ute Grönheim. Ziel von Audi ist es, die Sitzbezüge so komplett in den Recycling-Kreislauf zu bringen. Der Sitzbezug im A3 ist somit Teil der großen Nachhaltigkeitsstrategie bei Audi.