Interview: „Wir verlassen den Elfenbeinturm und tragen den Dialog in die Öffentlichkeit“

Recht, Ethik, Datenschutz: Die Zukunft des autonomen Fahrens wirft Fragen auf. Die „SocAIty“-Studie 2021 der &Audi Initiative bietet Lösungsansätze und regt einen fundierten öffentlichen Diskurs über die neue Technologie und die Mobilitätslandschaft der Zukunft an. Projektleiterin Saskia Lexen spricht im Interview über die Initiative, wichtige Erkenntnisse aus der Studie und die gesellschaftliche Dimension des autonomen Fahrens.
Collage einer Frau am Handy, eines Fahrzeug-Cockpits und einer Illustration autonom fahrender Autos

Welche Ziele verfolgt die &Audi Initiative?

Saskia Lexen: Die Initiative &Audi versteht sich als Impulsgeber zu wichtigen Themen der Automobilbranche und fördert den interdisziplinären Austausch zu neuen Technologien in der Mobilität. Das Auto der Zukunft wird uns immer mehr Komfort und Möglichkeiten der Interaktion bieten und gleichzeitig die Sicherheit auf den Straßen erhöhen. Doch wir sollten neue Technologien wie etwa das autonome Fahren – trotz aller Begeisterung für die damit verbundenen Vorteile – auch immer differenziert betrachten. Denn nur mit einer transparenten Haltung stärken wir das Vertrauen der Menschen in technische Neuerungen. Mit der Initiative &Audi verlassen wir den Elfenbeinturm und tragen den Dialog in die Öffentlichkeit, mit der wir gemeinsam Chancen und Herausforderungen des Fortschritts in der individuellen Mobilität beleuchten wollen. Gerade für eine breite Akzeptanz des autonomen Fahrens ist neben der technologischen Reife deshalb insbesondere die gesellschaftliche Dimension von großer Bedeutung.

 

Mit der „SocAIty“-Studie 2021 greift die Initiative &Audi bereits zum zweiten Mal das Thema autonomes Fahren auf. Was ist das Kernanliegen der neuen Analyse?

Als Automobilhersteller sehen wir uns in der Verantwortung, neue Technologien verantwortungsvoll einzusetzen. Mit der „SocAIty“-Studie 2021 möchte Audi einen Beitrag zur öffentlichen Debatte über das autonome Fahren der Zukunft leisten. Dabei widmet sich die Studie diesmal zentralen Fragestellungen auf den Gebieten von Recht, Ethik und Datenschutz: Wie verhält sich das Auto in einer Unfallsituation. Wer haftet bei einem Unfall, in den ein autonomes Fahrzeug verwickelt ist? Wem gehören die erzeugten Daten? Das sind nur einige der dringlichsten Fragen und spannenden Abwägungen, mit der sich die Studie im Detail befasst. Zudem wird beleuchtet, wie Mobilität mit autonomen Fahrzeugen aussehen kann und welche Handlungsfelder auf dem Weg in die Zukunft entscheidend sind. Die Studie ist damit praktische Grundlage für Akteure und Denkanstoß für die Mobilitätswende in einem.

Saskia Lexen steht lächelnd an einem gläsernen Geländer

Wo steht die aktuelle Diskussion rund um das autonome Fahren?

Auf der einen Seite scheint es so, als sei die Gesellschaft noch nicht bereit für das selbstfahrende Auto – Ängste sind oft Treiber der Debatten und mir fällt auch in persönlichen Gesprächen immer wieder auf, dass die Erwartungen an die Technologie sehr hochgesteckt sind. Auf der anderen Seite rückt die Technologie zunehmend in den Alltag der Menschen und gewinnt mehr an Präsenz, die Rechtslage verändert sich und es passiert insgesamt wahnsinnig viel auf dem Gebiet. Hier setzen wir mit unserer Studie an und möchten einen Beitrag zur Information und Aufklärung leisten.

 

Von welcher Expertise profitiert die „SocAIty“-Studie?

In der Studie kommen nicht nur Audianer_innen zu Wort. Insgesamt bringen sich 19 renommierte Expert_innen aus den Bereichen Recht, Ethik und Datenschutz ein und teilen ihre Gedanken zu den teils sehr komplexen Fragestellungen und zeigen Lösungsansätze auf. Allerdings sind die Inhalte auch nicht als absolute Wahrheit mit Anspruch auf Vollständigkeit zu verstehen. Vielmehr sollen die Meinungen und Expertisen der interviewten Expert_innen dazu dienen, die Diskussion um autonomes Fahren ganzheitlich voranzutreiben.

 

Welche Erkenntnisse aus der „SocAIty“-Studie halten Sie für die wichtigsten?

Es besteht vor allem Konsens darüber, dass die Zeit gekommen ist, sich von Zukunftsszenarien mit wenig Realitätsbezug zu lösen und gemeinsam an einer realistischen Vision zu arbeiten. Autonomes Fahren wird unsere Gesellschaft und insbesondere die Mobilitätslandschaft nachhaltig zum Besseren verändern. Mit vorausschauenden Technologien kann es mehr Sicherheit im Straßenverkehr geben. Die Menschen werden sich trotz höherem Verkehrsaufkommen komfortabler und zuverlässiger von A nach B bewegen. Und bestimmte Personengruppen, die vorher mobil eingeschränkt waren, werden Zugang zu individuellen Mobilitätsangeboten erhalten. All das wird durch die Elektrifizierung und eine intelligente Verkehrsführung auch noch effizienter und klimafreundlicher sein als bisher. Zusammengefasst ist in der Studie das Zukunftsbild einer Mobilitätslandschaft entstanden, die 2030 anders aussehen wird als heute. Dabei kommen wir aber ohne Science-Fiction aus. Das schafft wiederum eine angemessene Erwartungshaltung zu den Möglichkeiten und Grenzen der Technologie. 

 

Wie lässt sich die Akzeptanz für die neue Technologie in der Gesellschaft steigern?

Die an der Studie beteiligten Expert_innen plädieren für eine transparente Kommunikation mit der Öffentlichkeit, die bislang nicht ausreichend über Wissen verfügt, was genau autonomes Fahren bedeutet, wo die technische Entwicklung derzeit steht und welche Chancen und Herausforderungen tatsächlich damit verbunden sind. Daraus resultiert heute bei vielen Menschen zu Recht eine gewisse Verunsicherung und auch Skepsis in Bezug auf Haftung und Datenschutz oder hinsichtlich Zuverlässigkeit und Sicherheit der Technologie. Für die Zukunft des autonomen Fahrens ist es daher von zentraler Bedeutung, die Gesellschaft und Nutzer_innen in ihrer aktuellen Lebensrealität abzuholen. Dazu gehört auch, die Gewohnheiten und die Selbstwahrnehmung der Menschen nicht zu unterschätzen. Ein eigenes Auto zu fahren, bedeutet für viele Menschen immer noch Freiheit, Flexibilität und Selbstbestimmung. Es sollten möglichst viele Menschen mit dem autonomen Fahren in Kontakt gebracht werden, damit sie die Vorteile persönlich erleben können. Dabei ist es wichtig, die Mehrwerte des autonomen Fahrens der Zukunft klar zu kommunizieren, ohne die aktuellen Einschränkungen zu vernachlässigen.

„Es sollten möglichst viele Menschen mit dem autonomen Fahren in Kontakt gebracht werden, damit sie die Vorteile persönlich erleben können.“

Saskia Lexen

Wo sieht die „SocAIty“-Studie derzeit technische Hürden?

Bezüglich Technologie, Infrastruktur und Praxistauglichkeit gibt es weiterhin eine Reihe von Herausforderungen. So sind Schlüsseltechnologien wie beispielsweise das Edge Computing derzeit noch nicht genügend ausgereift. Das führt dazu, dass Künstliche Intelligenz (KI) noch nicht in der Lage ist, die teils irrationale und aggressive Fahrweise von Menschen zu deuten und richtig darauf zu reagieren. Zudem fehlt es in den meisten Regionen der Welt aktuell an einer lückenlosen mobilen Netzinfrastruktur wie 5G, um flächendeckend die Technologie auf die Straße zu bringen. 

 

Antworten auf rechtliche und ethische Fragen im Hinblick auf das autonome Fahren sind bislang rar. Welche Ergebnisse liefert die „SocAIty“-Studie hierzu?

Die Studie zeigt vor allem Wege zu mehr Kollaboration auf. So wird ein interdisziplinäres und lösungsorientiertes Vorgehen bei internationalen rechtlichen Standards oder beim Umgang mit Daten oder ethischen beziehungsweise sicherheitsrelevanten Fragestellungen gefordert. Denn die Thematik ist viel zu komplex und von so vielen Faktoren abhängig, dass sie durch einzelne Akteure nicht zu lösen ist. Entwickler_innen von Technologien sollten ihre Expertise frühzeitig einbringen, wenn es beispielsweise darum geht, gemeinsam mit Regulatoren rechtliche Grundlagen auszubauen. So entwickelt der Gesetzgeber selbst ein technisches Verständnis und der Hersteller würde im Umkehrschluss davon profitieren, dass die Gesetzgebung nicht an Entwicklungen bei der Technologie und am Markt vorbei stattfindet. In Bezug auf ethische Aspekte empfiehlt die Mehrzahl der Expert_innen einen Wandel, der weg von theoretischen Diskussionen über unlösbare moralische Fragestellungen und hin zu mehr Lösungsorientierung bei der Unfallvermeidung führt. Zudem wird die Art und Weise wie Unternehmen und Organisationen mit Daten umgehen in Zukunft eine immer stärkere Rolle für die Reputation spielen. Bereits heute schaffen internationale Gremien einheitliche Datenschutz-Standards. Und internationale Datenpools mit anonymisierten Datensätzen bieten die Grundlage für Fortschritt und werden in Zukunft noch wichtiger werden.

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