„Frauen haben viel mehr Möglichkeiten, als sie denken“

Am Internationalen Weltfrauentag steht weltweit die Chancengerechtigkeit im Fokus. Aber wie wirken sich die lähmenden Bedingungen einer Pandemie darauf aus? Und welche Verantwortung kommt Audi als Unternehmen in dieser Situation zu? Drei Perspektiven zu einem Thema, das 2021 mehr an Brisanz gewonnen hat denn je.

08.03.2021 Lesezeit: 4 min

Heute ist internationaler Weltfrauentag, diesmal unter dem Motto: „Women in leadership: Achieving an equal future in a COVID-19 world“. Wie realistisch ist dieser Anspruch gerade jetzt?
Melanie Schütze:
Die Situation ist für uns alle momentan wirklich herausfordernd. Wir müssen als Gesellschaft damit leben, wie es gerade ist. Das heißt aber nicht, dass sich unsere Werte schlagartig ändern - Solidarität und der Wunsch nach Gerechtigkeit zum Beispiel. Ganz im Gegenteil, unsere Werte formen unser gesellschaftliches Miteinander in dieser Zeit umso mehr. Daher möchte ich sagen: Ja, das Ziel ist realistisch und notwendiger denn je.

Im Frauennetzwerk von Audi treffen sich Kolleg_innen auf Augenhöhe – nicht nur im beruflichen Kontext, sondern auch zum offenen Austausch. Wie wird die aktuelle Krise dort diskutiert?
Anika Widmann:
Corona wirkt wie ein Brennglas auf Probleme, die schon vorher da waren. Frauen mit Kindern, Pflegende, Alleinerziehende und Alleinstehende sind besonders belastet. Generell diskutieren wir oft darüber, dass wir Frauen weniger sichtbar geworden sind und teilweise in veraltete Rollenmuster zurückfallen. Da gilt es, auch mal auf einen Rollentausch zu bestehen. Beziehungen können so wachsen, die Partner_innen zu noch besseren, effektiveren Teams werden. Dadurch, dass die Krise aber schon so lange dauert, stoßen wir zunehmend an unsere Grenzen. Umso mehr brauchen wir Führungskräfte, die die individuelle Situation ihrer Mitarbeiterinnen berücksichtigen und Empathie zeigen. Vertrauen ist das Schlüsselwort!

Denise Mathieu, Leiterin Diversity Management der AUDI AG

Denise Mathieu, Leiterin Diversity Management der AUDI AG

Denise Mathieu, Sie sind Führungskraft bei Audi und üben seit einem Jahr Remote Leadership aus. Wie entsprechen Sie diesen Ansprüchen?
Denise Mathieu:
Wir haben ziemlich schnell reagiert und uns als Team im Remote-Modus gut eingespielt. Es braucht allerdings mehr Austausch von Mensch zu Mensch. Es ist nicht so einfach, in Kontakt zu kommen und zu bleiben. Dafür muss man als Führungskraft mehr Raum geben und auch mal einen anderen Agenda-Punkt streichen. Nach dem ersten Lockdown ist der Drive jetzt deutlich höher geworden, vieles muss nachgeholt werden, deswegen gilt es, auch mal Fahrt rauzusnehmen und zusätzliche Belastungen anzuerkennen.

Diversity & Inclusion wollen Sie bei Audi gezielt einsetzen, um zu einem „New Normal“ mit mehr Chancengerechtigkeit zu kommen. Wie wollen Sie das konkret anstellen?
Denise Mathieu:
Wir haben mitten in der Corona-Krise unsere neue D&I- Strategie entwickelt und verabschiedet, gerade weil wir die Dringlichkeit dafür gesehen haben. Inclusion heißt ja, willkommen sein, dazu gehören, so sein können wie man ist. Ein durchaus anspruchsvolles Konzept, weil es bedeutet, dass jede_r an sich selbst arbeiten muss und wir den entsprechenden systemischen Ansatz fahren. Tatsächlich spielt uns die Corona-Krise dabei in die Karten: Ein komplettes „Throw back“ wird es nicht geben. Viele Väter arbeiten inzwischen dauerhaft im homeoffice. Es ist sicher auch kein Zufall, dass sich im letzten Jahr die dads@audi als neues Diversity-Netzwerk gegründet haben. Virtuelles Arbeiten bringt zudem eine gewisse Demokratisierung mit sich. Diese Entwicklungen bedeuten einen großen unternehmerischen Mehrwert, weil sich Mitarbeitende – geschlechterunabhängig – gerne einbringen.

Melanie Schütze, Gründerin und Co-CEO von nushu Female Business

Melanie Schütze, Gründerin und Co-CEO von nushu Female Business

Ist „Inclusive Leadership“ also auch ein Schlüssel zu mehr Frauen in Führungspositionen – weg von der klassischen Frauenförderung?
Denise Mathieu:
Inclusive heißt, wir schätzen individuelle Fähigkeiten und Persönlichkeiten. Tatsächlich ist das ein ganz anderer Ansatz als in bisherigen Förderprogrammen, die sich nach bestimmten homogenen Idealen ausgerichtet haben, die Frauen erreichen sollten. Aus dieser Idee müssen wir langfristig raus und damit beginnen, das System an sich zu verändern.

Kabinettsmitglieder sprechen von der jüngst beschlossenen Frauenquote für die Vorstände der größten deutschen Unternehmen als „Meilenstein“, Kritiker bemängeln den geringen Wirkungsgrad. Zu Recht?
Melanie Schütze:
Natürlich geht dieses Gesetz nicht weit genug. Es handelt sich ja um eine Mindestbeteiligungsquote, da brauchen wir uns nichts vormachen. Dennoch ist es ein Schritt in die richtige Richtung – einer von vielen. Wir müssen deutlich mehr tun, auf politischer, gesellschaftlicher und persönlicher Ebene. Genau da setzen wir als female business Club an: Wir wollen die Frauen enablen, ihr Mindset erweitern, ihnen klarmachen, wie viel Mehrwert sie schaffen können. Frauen haben viel mehr Möglichkeiten, als sie denken. Sie müssen sich dafür immer wieder selbst herausfordern und auch vermeintlich unangenehmen Situationen stellen, etwa einem Gespräch über eine Gehaltserhöhung. Jede Frau kann einen Unterschied machen! Wir leben in einer extrem vernetzten Welt und alles, was Einzelne bewirken, kann einen großen Effekt haben.

Frauen müssen sich immer wieder selbst herausfordern

Melanie Schütze, Gründerin und Co-CEO von nushu Female Business

Anika Widmann, Planerin Innovationsmanagement und Kernteammitglied des Audi Frauennetzwerks

Anika Widmann, Planerin Innovationsmanagement und Kernteammitglied des Audi Frauennetzwerks

Audi hat mit Hildegard Wortmann und Sabine Maaßen seit längerem zwei Vorständinnen an Bord. Welche Signalwirkung hatten diese Personalien?
Anika Widmann:
Gemischte Teams funktionieren so viel besser! Das sagen auch die Frauen aus unserem Netzwerk bei Audi, quer durchs Unternehmen und alle Hierarchien. Deswegen haben uns diese Personalien sehr gefreut. Vorbilder funktionieren gut, gleichzeitig ist es uns wichtig, von Kollegin zu Kollegin Vertrauen zu entwickeln und zu stärken. Wir machen das über Besuche in verschiedenen Unternehmensbereichen, über Informationen im geschützten Kreis, beispielsweise zu Rentenregelungen und Co.- und über private Events, die besonders zusammenschweißen.

Die Mitarbeitenden-Netzwerke sind offen für alle Interessierten, das heißt, Männer können sich im Frauennetzwerk engagieren, Frauen im neu gegründeten Väternetzwerk. Wie gut klappt dieses Prinzip?
Anika Widmann:
Männer zeigen uns großen Respekt für die vielen Dinge, die wir vor allem in unserer Freizeit auf die Beine stellen. Es spricht sie an. Aktuell machen wir viele „lunch&learn“-Termine und hoffen auf weiter zunehmendes Interesse von dieser Seite. Es kann gerne mehr werden!

“Wer es verschläft, Ideen und Potenziale zu nutzen, wird nicht erfolgreich sein.”

Denise Mathieu, Leiterin Diversity Management der AUDI AG

Audi will einen gesamtheitlichen „Kulturwandel“ forcieren. Welche Rolle spielen die Frauen dabei?
Denise Mathieu:
Wir sind bei Audi einer unglaublichen Transformation unterworfen. Sei es bei Antrieben, Geschäftsmodellen oder im Unternehmen selbst und dessen Kultur. Wer es verschläft, Ideen und Potenziale zu nutzen, wird nicht erfolgreich sein. Deshalb gilt es, nach innen mit Werten zu überzeugen, Sinn zu vermitteln, den Lebenswelten der Mitarbeitenden zu entsprechen und beispielsweise flexible Arbeitsmodelle anzubieten. Auch als Kundengruppe geben Frauen uns viele Aufgaben mit. Wir müssen ihre Interessen nicht nur wahrnehmen, sondern aktiv angehen.

Noch sind kulturelle Muster und Stereotype tief verwoben in unserer Gesellschaft. Tun wir als Unternehmen schon genug, um sie anzugehen?
Denise Mathieu:
Wir sprechen hier über einen sehr dynamischen Bereich. Nur mal gehört haben, reicht nicht aus, beispielsweise bei unbewussten Vorurteilen. Langfristig wollen wir eine echte Verhaltensänderung erreichen. Dafür brauchen wir eine dauerhafte Auseinandersetzung und gemeinsame soziale Normen im Unternehmen. Wir müssen uns selbst ertappen, wenn es in eine falsche Richtung geht.

Momentan tun sich wertvolle Chancen für mehr Gleichberechtigung auf. Es geht darum, gerade in einer herausfordernden Situation ein besseres, inclusives Miteinander zu formen. Mut, Authentizität und Selbstvertrauen dienen als Schlüssel dafür.

Melanie Schütze, Anika Widmann und Denise Mathieu

Empirische Studien belegen, dass es eine große Stärke der Frauen ist, kooperativ zu führen, Risiken genau abzuwägen und damit insbesondere in Krisen einen wertvollen Beitrag leisten zu können. Ist jetzt also tatsächlich die Zeit der weiblichen Führungskräfte?
Melanie Schütze:
Ich möchte das nicht auf diese Weise werten. Ich denke eher, es ist eine wichtige Zeit der gesellschaftlichen Weichenstellungen. Wir müssen uns genau jetzt fragen: Wollen wir immer noch in einer Zeit leben, in der Mädchen schlechtere Chancen haben als Jungen? Wollen wir nicht lieber im Sinne der Role Models bei Audi zu den Mädchen sagen: Du kannst auch Vorständin werden, wenn Du es willst? Es geht um Authentizität, Mut und Selbstvertrauen.

Wie viele Weltfrauentage wird es noch geben müssen, um eine „equal future“ zu erreichen?
Melanie Schütze:
Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, würden wir laut Global Gender Gap-Report erst im Jahr 2121 die angestrebte Gleichheit erreichen. Wir alle sollten uns fragen: Was kann ich persönlich anstoßen, um mehr Chancengerechtigkeit zu erreichen? Würden wir das tun, wären wir schon deutlich weiter.

Denise Mathieu

Denise Mathieu

leitet seit 2017 die Abteilung Diversity Management bei der AUDI AG und koordiniert zugleich die Diversity-Aktivitäten im Audi Konzern weltweit. Sie arbeitete zuvor mehrere Jahre im Internationalen Personalmanagement sowohl bei Volkswagen als auch bei Audi und war HR-Projektleiterin bei Audi China Enterprise/Beijing.

Melanie Schütze

Melanie Schütze

hat in Agenturen, Startups sowie in der Beratung gearbeitet und nebenbei ein erfolgreiches Frauennetzwerk gegründet. „nushu“ ist ein deutschlandweit stark wachsendes Businessnetzwerk für junge Frauen und der Gegenentwurf zu Old-Boys-Networks. Neben ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin von „nushu“ ist die gebürtige Münchnerin außerdem Mentorin bei Google Launchpad, Beirätin der Unternehmensberatung 55birchstreet, Mitglied des PwC Unternehmerbeirates und Business-Insiderin bei XING.

Anika Widmann

Anika Widmann

stieg 2014 nach ihrem Studium in Wirtschaftsingenieurwesen und im European Business Programme bei der AUDI AG ein. Nach Stationen in der Logistik ist sie nun als Planerin im Innovationsmanagement/P-LAB in Neckarsulm tätig. Seit 2017 ist sie Kernteammitglied im Frauennetzwerk in Neckarsulm.

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