Sie sind 1997 als Werkstudent zu Audi gekommen, waren dann in verschiedenen Positionen für die Vier Ringe und den Volkswagen Konzern tätig und sind nun seit Februar als Vorstand zurück in Ingolstadt. Was bedeutet Ihnen die Marke Audi?
Es fühlt sich ein wenig so an, als wenn man nach einer erlebnisreichen Reise wieder nach Hause kommt. Obwohl es geografisch gesehen „nur“ Wolfsburg und das ungarische Győr waren, habe ich dort vieles gelernt und wichtige Erfahrungen gesammelt. Jetzt freue ich mich, wieder nach Ingolstadt zurückzukehren. Hier bin ich damals mit 27 Jahren als Werkstudent gestartet. Für mich ist Audi die spannendste Marke im Volkswagen Konzern, auch aufgrund ihres sehr vielfältigen Produktportfolios.
2030 will Audi 3 Millionen Fahrzeuge pro Jahr absetzen. Gleichzeitig werden die Verbrenner nach und nach durch Elektromodelle ersetzt. Was bedeuten diese Veränderungen für die Produktion und die Logistik?
Diese Ambition zu setzen, ist eine richtig starke Message – nach innen und außen! Die Vier Ringe haben einen klaren Plan für die Zukunft. Mit Blick auf die Marktprognosen, unser attraktives Produktportfolio sowie unser flexibles und leistungsfähiges Team ist das machbar. Die Transformation ist ein langer Weg, aber wichtige Schritte haben wir bereits geschafft. Das Werk Brüssel produziert schon seit 2018 ausschließlich Elektroautos, in Győr haben wir vor Kurzem den 250.000. E-Motor gefertigt und in Ingolstadt bereiten wir uns auf den Audi Q6 e-tron vor, samt eigener Batteriemontage.
Seit Jahren engagiert sich Audi für mehr Umweltschutz, vor allem in seinen Werken. Welche weiteren Maßnahmen sind dafür in 2022 geplant?
Wir haben mit Mission:Zero bereits vor zwei Jahren ein ambitioniertes Umweltprogramm in der Produktion und Logistik gestartet. Ein zentrales Ziel dieses Programms ist es, alle unsere Produktionsstätten bis spätestens 2025 bilanziell CO₂-neutral zu betreiben. Für Audi Brussels und Audi Hungaria ist das bereits umgesetzt, ebenso für die Produktion des Audi e-tron GT in den Böllinger Höfen am Standort Neckarsulm. Doch ganz klar ist auch, dass Dekarbonisierung nicht der alleinige Fokus ist. Mindestens ebenso wichtig sind der effiziente Umgang mit Ressourcen, eine sparsame Wassernutzung sowie der Schutz der Biodiversität. Hierauf will ich mich besonders konzentrieren und freue mich, dass bereits so viel Vorarbeit geleistet wurde, auf die wir jetzt aufsetzen können.
So planen wir beispielsweise bei Audi Brussels, den Betriebswasserbedarf für die Produktion zukünftig nicht mehr durch hochwertiges Trinkwasser, sondern durch aufbereitetes Abwasser aus der benachbarten kommunalen Kläranlage zu decken, in die auch unsere Abwässer fließen. Das hat das Potenzial, den Trinkwasserverbrauch des Standorts um etwa 80 Prozent zu reduzieren. Audi México hat das im Übrigen vorgemacht und produziert Fahrzeuge bereits seit 2019 abwasserfrei. Darüber hinaus werden wir in 2022 einen eigenen Biodiversitätsindex vorstellen, der die Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt an unseren Produktionsstandorten beschreibt.
Sie kennen Audi aus vielen verschiedenen Blickwinkeln. Wie hilfreich ist das für Ihre neue Aufgabe?
Dieses Wissen ist gerade jetzt bei meiner Rückkehr sehr hilfreich. Ich bin gut vernetzt und habe über die gesamte Zeit engen Kontakt mit einigen Audianer_innen gehalten. Zugleich profitiere ich enorm von meinen Erfahrungen aus den vergangenen Jahren, insbesondere in der Steuerung des gesamten konzernweiten Produktionsnetzwerks. Beides zusammen bildet die Grundlage für eine meiner wichtigsten Aufgaben: die richtige Balance zu finden zwischen der maximalen Nutzung von Konzernsynergien und der Wahrung der spezifischen Audi DNA im Hinblick auf unsere Produkte.
Die Digitalisierung eröffnet viele neue Möglichkeiten. Wie wollen Sie die Produktion bei Audi weiter vernetzen?
Digitalisierung spielt eine Schlüsselrolle bei der Produktion der Zukunft. Audi ist hier schon heute sehr gut aufgestellt. Beispielsweise haben wir ein eigenes Team, das Audi Production Lab, das innovative Produktionstechnologien unter Realbedingungen testet. Allgemein herrscht bei Audi eine große Offenheit für neue digitale Lösungen. Diese Offenheit bedeutet auch, intensiv mit externen Partner_innen zusammenzuarbeiten. Ein Beispiel dafür ist die Automotive Initiative 2025 am Standort Neckarsulm, mit der wir ein großes Kompetenznetzwerk für digitale Produktion aufbauen. In meiner Zeit bei Volkswagen habe ich mich intensiv mit digitalen Systemen beschäftigt und die Industrial Cloud mit auf den Weg gebracht. Einige von Audi entwickelte Anwendungen sind auf dieser Plattform bereits für alle Werke im Volkswagen Konzern verfügbar. Das schafft große Synergien und macht uns im gesamten Konzern schneller und flexibler. Diesen Weg gehen wir jetzt konsequent weiter.