Rotterdam
Wie die Audi Stiftung für Umwelt gegen Plastik im Meer kämpft

Inmitten des Rotterdamer Hafens, umgeben von grauen Gebäuden, finden sich neuerdings kleine grüne Inseln auf der Neuen Maas, die dort in die Nordsee mündet. Wenn man genauer hinsieht, schwirren dort Insekten umher und Vögel fliegen zu ihren Nestern. Am Boden der bepflanzten Inseln sammeln sich Schnecken, Krebse und kleine Fische. Und nur, wenn man ganz genau hinsieht, entdeckt man, dass diese Inseln aus recyceltem Plastik bestehen. Was hat es damit auf sich? Die Recycled Island Foundation hat in Kooperation mit der Audi Stiftung für Umwelt Auffangbecken für Plastikmüll konstruiert, die Abfall aus der Neuen Maas filtern. Das Projektteam sortiert diesen und baut ihn zu schwimmenden Plastikinseln um.
Die Recycled Island Foundation geht neue Wege beim Kunststoffrecycling
Die bepflanzten Inseln dienen nun als Naherholungsplätze für Hafenbesucher und Anwohner, aber vor allem auch als Rückzugsort für Tiere. Die einzelnen Bestandteile haben unterschiedliche Höhen und eine durchlässige Struktur, sodass kleine Flussbewohner leicht wieder hinein- und hinausschwimmen können, beispielsweise um im Schutz des Wurzelwerks zu laichen. Auf den höher gelegenen Inseln nisten Vögel in direkter Nähe zu den Inseln, auf denen Sitzbänke für Passanten und Spaziergänger stehen.
Die Plastikinseln schaffen bei der Bevölkerung ein Bewusstsein für das Ausmaß und die Folgen von achtlos weggeworfenem Plastik. Durch das „Upcycling“ des gesammelten Kunststoffs will Ramon Knoester zum bewussteren Umgang mit Plastik anregen. Der Gründer der Recycled Island Foundation, erklärt die Gründe und Ziele für sein Projekt.

Ramon Knoester (zweiter von rechts) engagiert sich für eine lebenswerte Zukunft für Menschen, Tiere und Pflanzen.
Wie kam Ihnen die Idee, mit Inseln Kunststoff zu verwerten?
Ramon Knoester: Das erste Mal hörte ich vor etwa zwölf Jahren von der verheerenden Plastikverschmutzung in den Ozeanen. Bereits damals dachte ich mir, dass wir das Problem angehen müssen. Vor vier Jahren ergab sich dann über einen Kontakt zur Stadt Rotterdam die Möglichkeit, die Recycled Island Foundation ins Leben zu rufen. Mein Gedanke dahinter: Das meiste Plastik kommt über die Flüsse ins Meer. Also müssen wir bei den Flüssen anfangen. Die Neue Maas ist ein großer Stellhebel für die Verschmutzung der Nordsee. Wenn wir also das Ökosystem der Neuen Maas in Rotterdam verbessern könnten, würde das schon einiges bewirken.
Welche Rolle spielt Audi im Projekt?
Die Audi Stiftung für Umwelt kam auf uns zu und wollte mit uns zusammenarbeiten. Ihnen gefiel unser Ansatz, mit umweltverträglichen Technologien auf eine Reduzierung des Plastikaufkommens hinzuwirken und damit die Lebensqualität von Menschen und Tieren zu verbessern. Für uns war das damals der ideale Zeitpunkt, da wir unser Projekt so weit entwickelt hatten, dass wir es nun auch international ausrollen wollten. Die Audi Umweltstiftung unterstützt uns darin nicht nur finanziell, sondern auch mit ihrem Knowhow.
Im Juli 2018 haben Sie die Inseln zusammen mit der Audi Stiftung für Umwelt eröffnet. Wie viele sind es bisher?
Aktuell schwimmen 28 Inseln, insgesamt 140 Quadratmeter. Die Inseln sind beweglich, können überall verankert werden und sind dadurch vielseitig einsetzbar. Sie können sowohl als Rückzugsort für die Mittagspause als auch als Bühne oder Zuschauerfläche für Open-Air-Konzerte direkt am Hafen genutzt werden.

Haben Sie mit Ihrem Projekt die Verschmutzung der Neuen Maas eindämmen können?
Der Anfang ist geschafft. Wir haben mithilfe von rund 30 Freiwilligen während sogenannter „Clean Up“-Events wirklich viel Plastik sammeln und mit unseren Auffangbecken aus dem Fluss herausholen können. Denn mehr als 90 Prozent des Plastikmülls schwimmt im ersten Meter unter der Oberfläche, der Großteil davon sogar im ersten halben Meter. Die Aussichten auf Erfolg sind also gut, die Verschmutzung hat sich wesentlich reduziert.
Welche Plastikteile haben Sie aus dem Wasser gefischt?
Da war so gut wie alles an Plastik mit dabei. Von Mikroplastik über PET-Flaschen bis hin zu Fußbällen. In den Niederlanden gibt es Flaschenpfand erst für Plastikflaschen ab einer Größe von einem Liter. Das verschärft das Müllproblem.

Wie waren die Reaktionen auf Ihre Lösung gegen Plastik im Meer?
Wir haben viel positives Feedback aus der ganzen Welt erhalten. Die Menschen finden die Idee toll und sind begeistert, dass wir aus Müll so etwas Schönes und Nützliches geschaffen haben. Den Einwohnern von Rotterdam gefällt es, dass ihre Stadt hier Vorreiter ist. Das hat auch andere Städte hellhörig gemacht, mit denen wir jetzt für ähnliche Projekte in Kontakt stehen.
Welche Lösungen haben Sie für die Zukunft geplant?
Inzwischen haben wir weitere Einsatzorte für unsere gemeinsamen Litter Traps mit der Audi Umweltstiftung: in Brüssel und Budapest. Wir untersuchen aber auch für andere Städte geeignete Einsatzorte. Wichtig ist beispielsweise, dass unsere Auffangbecken den Schiffsverkehr nicht behindern oder dass sie strategisch dort eingesetzt werden, wo das Müllaufkommen am größten ist.
Audi Umweltstiftung
Ziel ist es, den Natur- und Umweltschutz zu fördern sowie die Wissenschaft und Forschung zu unterstützen. Die Hauptförderbereiche der mit fünf Millionen Euro Stammkapital ausgestatteten Stiftung sind der Schutz der natürlichen Lebensgrundlage von Menschen, Tieren und Pflanzen, die Förderung wissenschaftlicher Arbeiten, die zu einem nachhaltigen Mensch-Umwelt-System beitragen, die Förderung der Entwicklung von umweltverträglichen Technologien sowie die Unterstützung von Maßnahmen und Aktivitäten zur Umweltbildung.