Audi Studie zum autonomen Fahren: die ethischen Aspekte

Eine Kernfrage zum autonomen Fahren lautet: Wie kann der Mensch der Maschine vertrauen? Damit beschäftigt sich die Audi Studie „SocAIty“. Der Bereich Ethik ist – neben den technologischen und rechtlichen Herausforderungen – einer der Schwerpunkte der Untersuchung.

27.04.2022 Lesezeit: 4 min

Grafische Kollage eines Konzeptfahrzeug-Interieurs, eines Fahrers und digitaler Elemente

Der Mensch wird lernen, der Maschine zu vertrauen

Misstrauen gegenüber dem Unbekannten ist keine unüberwindbare Hürde. Darin sind sich die an der „ SocAIty“-Studie beteiligten Expert_innen weitgehend einig. Misstrauen war schon immer vorhanden, wenn neue Technologien in das Leben der Menschen Einzug gehalten haben. Fahrstühle, Flugzeuge oder Züge haben trotzdem einen Platz in unserem Alltag gefunden.

Kann ein Auto ohne Fahrer_in in einer Gefahrensituation richtig entscheiden?

  

Seitlicher Blick durch die geöffneten Türen in das Interieur des Audi urbansphere concept

Audi urbansphere concept: Bei dem gezeigten Fahrzeug handelt es sich um ein Konzeptfahrzeug, das nicht als Serienfahrzeug verfügbar ist.

Die Fragestellung, ob und wie eine Maschine in einer Gefahrensituation richtig entscheiden kann, bewegt viele Menschen. Sie ist jedoch nicht erst mit dem autonomen Fahren aufgekommen. Sie wird seit Jahrzehnten in der Ethik am Beispiel des „Trolley-Problems“ oder auch „Weichenstellerfalls“ diskutiert: Dabei geht es um die Frage, ob ein Weichensteller einen auf eine Personengruppe zufahrenden Zug auf ein anderes Gleis umleiten darf, auf dem sich ebenfalls Personen befinden – jedoch weniger. Ist sein Handeln in dieser Konstellation eine Straftat? Wäre er somit zum Nichtstun verdammt? Oder hat er richtig abgewogen und den größtmöglichen Schaden verhindert?

 

Mit dem autonomen Fahren erlebt diese Diskussion nun ein Comeback: Der zentrale Punkt in der Debatte sei jedoch, so die Expert_innen, dass in einer Gefahrensituation nicht das Auto selbst entscheidet, sondern nur das abbildet, was die von Menschen programmierte Software vorgibt. Es kann und wird immer nur die ethischen Entscheidungen und Werte des Menschen übernehmen und konsequent anwenden – ohne eigene Interpretation. 

In Gefahrensituationen hat der Schutz menschlichen Lebens höchste Priorität

Mit den genannten Fragestellungen beschäftigt sich bereits seit 2017 die Ethik-Kommission der Bundesregierung. In einem Bericht hat sie erste Leitlinien definiert, aber auch Handlungs- und Entwicklungsbedarf im Bereich Technologie und Gesellschaft identifiziert. Das Ergebnis sind „20 ethische Regeln für den automatisierten und vernetzten Fahrzeugverkehr“.

 

Eine davon lautet, dass solche Fahrzeuge nur dann ethisch vertretbar seien, wenn die Systeme weniger Unfälle verursachen als menschliche Fahrer_innen. Unfallvermeidung ist also die Maxime bei der Weiterentwicklung der Technologie. Und in Gefahrensituationen hat der Schutz menschlichen Lebens höchste Priorität.

 

Zwischen Menschen dürfe die Software hingegen auf keinen Fall unterscheiden. Merkmale wie Alter, Geschlecht, körperliche oder geistige Konstitution dürfen keine Rolle spielen. Und ganz grundsätzlich muss gelten: Ein Menschenleben dürfe nie gegen ein anderes „aufgerechnet“ werden. Aus Sicht vieler Expert_innen ist das Problem eines hypothetischen Ausweichmanövers aufgelöst. Sie plädieren daher für die Auseinandersetzung mit praxisnahen ethischen Fragestellungen.

Seitenansicht des Audi urbansphere concept vor futuristischer Kulisse

Audi urbansphere concept: Bei dem gezeigten Fahrzeug handelt es sich um ein Konzeptfahrzeug, das nicht als Serienfahrzeug verfügbar ist.

Audi urbansphere concept: Bei dem gezeigten Fahrzeug handelt es sich um ein Konzeptfahrzeug, das nicht als Serienfahrzeug verfügbar ist.

„AI4People“: eine Initiative des EU-Parlaments

Auch das EU-Parlament widmet sich dem Thema. Es hat mit „AI4People“ im Jahr 2018 eine Initiative für ethische Standards im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) auf den Weg gebracht. Ziel ist es, Prinzipien, Richtlinien und Praktiken für den Aufbau einer „guten KI-Gesellschaft“ zu entwickeln und konkrete Vorschläge für Unternehmen und Wirtschaft zu erarbeiten.

 

Das Fazit der bisherigen Überlegungen lautet: Das höchste Gut stellt der Schutz des menschlichen Lebens dar. Autonome Fahrzeuge sind demnach nur dann ethisch vertretbar, wenn sie weniger Verletzte und Tote im Vergleich zu von Menschen gesteuerten Fahrzeugen aufweisen können – „positive Risikobilanz“ ist der Fachbegriff in diesem Zusammenhang.

 

Fakt ist: Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2020 in Deutschland über 85 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden durch das Fehlverhalten von Menschen, die ein Fahrzeug führten, verursacht. Und laut WHO stirbt weltweit alle 24 Sekunden ein Mensch auf der Straße. Die Expert_innen der Audi Studie sehen deshalb in einer autonomen Zukunft eine neue Art von Verlässlichkeit und Sicherheit im Straßenverkehr.

„Der Computer ist bei automatisierten Fahrzeugen immer wach“

  

Blick durch das Panoramadach in das hell erleuchtete Interieur des Audi urbansphere concept

Audi urbansphere concept: Bei dem gezeigten Fahrzeug handelt es sich um ein Konzeptfahrzeug, das nicht als Serienfahrzeug verfügbar ist.

Auf die Frage, ob Maschinen beziehungsweise Algorithmen ein Fahrzeug sicherer steuern können als der Mensch, lautet die Antwort deshalb: Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. In einer bekannten Umgebung mit klar festgelegten Parametern funktioniert Technik sehr zuverlässig. „Der Computer bei automatisierten Fahrzeugen ist immer wach, das System arbeitet immer“, sagt Ilja Radusch, Leiter des Geschäftsbereichs Smart Mobility am Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme, dazu in der Studie.

 

Dem stimmt auch Audi Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann zu: „Ich bin überzeugt, dass hochautomatisiertes Fahren unsere Straßen sicherer machen wird. Einerseits durch die erweiterte Sensorik eines automatisierten Fahrzeugs. Bei Audi setzen wir dabei auf sich ergänzende Systeme wie Radar, Kamera und Lidar. Das führt zu einer deutlich exakteren Bewertung von Fahrsituationen und damit zu situationsangepassten automatisierten Warn-, Brems- und Ausweichfunktionen. Andererseits setzen wir auf V2X (Vehicle to Everything), also auf vernetztes Fahren mithilfe der Kommunikation zwischen Fahrzeugen und der Umgebung. Das schließt auch weitere Verkehrsteilnehmer_innen, wie Fußgänger_innen und Radfahrer_innen, ein.“

Null-Fehler-Toleranz? Im Mischverkehr zu 100 Prozent nicht zu erreichen

Ist aber eine „Null-Fehler-Toleranz“ – die von manchen geforderte „Vision Zero“ – überhaupt erreichbar? Zu 100 Prozent, so die Expert_innen der Studie, wird das nie zu schaffen sein. Denn der größte Unsicherheitsfaktor wird auch bei einem autonomen Fahrzeug der Mensch sein und bleiben.

 

Eine Herausforderung sieht die Studie in den nächsten Jahren im Mischverkehr, also dem Verkehr sowohl mit autonom fahrenden als auch mit von Menschen gesteuerten Fahrzeugen. Obwohl die Sicherheit der Fahrzeuge weiter zunehmen wird, dürften im Mischverkehr auch neue Arten von Unfällen entstehen, etwa wenn ein vom Menschen gesteuertes Fahrzeug Tempolimits überschreitet. Autonom fahrende Autos so zu programmieren, dass sie solches Fehlverhalten einkalkulieren und im Sinne der Verkehrssicherheit aller Teilnehmenden reagieren, bleibt eine technische Herausforderung

„Self-Driving Experiences“ könnten Skeptiker_innen überzeugen

Wie aber überzeugt man Menschen, die skeptisch bleiben? Einer der wichtigsten Aspekte sei, so resümiert die Studie, den Menschen die Vorteile und den persönlichen Nutzen, zum Beispiel durch die Ersparnis von Zeit oder durch größeren Komfort, aufzuzeigen. Auch in weiteren Themenfeldern liege enormes Potenzial für gesellschaftliche Akzeptanz, etwa im Zugang zur Mobilität für Menschen mit Beeinträchtigungen. Eine erste konkrete Möglichkeit, Nutzer_innen auch jetzt schon an die Technologie heranzuführen, sind „Self-Driving Experiences“. Beispiele dafür sind die Erprobung von People-Mover-Konzepten in Berlin, Hamburg oder Karlsruhe oder die Erprobung von Automated Valet Parking durch den Volkswagen Konzern.

Collage einer Frau am Handy, eines Fahrzeug-Cockpits und eines Audi Concept Cars
Collage einer Frau am Handy, eines Fahrzeug-Cockpits und eines Audi Concept Cars

Initiativen 02.12.2021

„SocAIty“-Studie 2021: Die wichtigsten Erkenntnisse

Vom angemessenen Rechtsrahmen über ethische Fragen bis hin zu digitaler Verantwortung: Die "SocAIty"-Studie 2021 der &Audi Initiative beleuchtet die gesamtgesellschaftliche Dimension des autonomen Fahrens.

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Initiative &Audi

Die Audi Initiative für einen verantwortungsvollen Umgang mit neuen technologischen Entwicklungen wie dem autonomen Fahren und künstlicher Intelligenz.

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