5G-Technologie: Entfesselung der Roboter

Ein kleiner Greifarm nähert sich einem Airbag mit dem Audi-Logo, greift ihn sanft und setzt ihn passgenau in das Lenkrad daneben ein. Ein Vorgang, der künftig jeden Tag mehrfach im Audi-Werk so ablaufen könnte. Und im Production Lab von Audi schon so abläuft. Das Besondere daran: Mit der 5G-Technologie funktioniert das kabellos.
Kabellos – ist das in der heutigen Zeit noch revolutionär? Ja! Denn dies ist einer der ersten Anwendungsfälle für Automatisierung mit Fokus auf Personensicherheit. Personensicher bedeutet in diesem Fall, dass der Greifarm stoppt, wenn zum Beispiel eine menschliche Hand im Aktionsradius des Roboters auftaucht. Mit 5G klappt das ganz flexibel: Der Roboter wird dezentral über Funk gesteuert. Die Performance der Übertragung ist genauso gut wie per Kabel.
Das kleine Beispiel aus der Audi-Produktion zeigt, dass 5G unter realen Testbedingungen im Production Lab von Audi funktionieren kann. Die 5G-Technologie hat enormes Potenzial und ist bereit für den großen Einsatz. Auch wenn es noch ein bis zwei Jahre dauert, bis 5G in Deutschland Realität ist.
Kooperation mit Zukunft: Audi forscht mit Ericsson zu 5G-Anwendungsfällen

Verena Bossdorf und Christopher Kolb, Team IIoT des Audi Production Labs
Die Technik hinter dem mit 5G vernetzten Greif-Roboter entwickelt Audi zusammen mit Ericsson. Der Automobilhersteller und der Netzanbieter forschen zusammen zur 5G-Technologie im Anwendungsbereich Industrie. Das schwedische Unternehmen gilt als Erfinder des Mobilfunks, mehr als 40 Prozent aller Mobilfunkgespräche werden heute über Ericsson-Netze geführt. „Im Rahmen der Kooperation gewinnen wir wichtige Erkenntnisse für den Einsatz dieser Technologie in der Produktion“, erklärt Verena Bossdorf, Leiterin Team IIoT des Audi Production Labs.
Beide Unternehmen lernen und profitieren voneinander. Konkrete Anwendungsfälle stärken die Entwicklung des Netzes. Christopher Kolb, ebenfalls im Team IIoT des Audi Production Labs, arbeitet direkt am Projekt und weiß, warum viele Szenarien einer Smart Factory erst mit dem 5G-Netz möglich werden.
Mobil und flexibel: 5G-Technologie entfesselt die Produktion bei Audi
Bisher sind die Roboter in der Produktion bei Audi per Kabel miteinander verbunden und somit eingeschränkt mobil. Mit dem 5G-Netz ist es möglich, dass die Maschinen komplett kabellos agieren. „Das hat für uns viele praktische Vorteile: einerseits sind schlichtweg keine Kabel mehr im Weg. Dadurch sind wir unabhängiger“, erklärt Kolb.
Andererseits werden die Abläufe in der Produktion immer komplexer und müssen flexibler werden. Die 5G-Technologie ist die Lösung für die Anforderungen in der modernen Fertigung:
- Das für die Industrie exklusiv verfügbare Mobilfunkspektrum und die Quality-of-Services-Mechanismen von 5G (Möglichkeit der Priorisierung von verschiedenen Applikationen im Netzwerk) ermöglichen eine sichere und stabile Verbindung.
- Geringe Latenzen, das heißt kurze Sende- und Empfängersignalzeiten, ermöglichen es, in Echtzeit über Funk Anlagen zu steuern.
5G vs. 4G: Was ist der Unterschied?

Warum sind die Anwendungsfälle nicht schon vorher mit 4G (LTE) möglich? Die Medien sprechen meist davon, dass 5G zehnmal schneller ist als 4G. Das Besondere ist jedoch eine grundlegende Änderung in der Funktechnik. Bei 5G wird erstmals auch der Fokus auf Verfügbarkeit und niedrige Latenzen gelegt, die in der Fertigung gebraucht werden.
Kolb erklärt den Unterschied anhand eines Beispiels aus dem Alltag: „Bei den jetzigen Netz-Standards ist es wichtig, dass etwa der Netflix-Stream gut läuft. Da die Streaming-Dienste darauf basieren, dass Daten gebuffert werden, fallen die schwankenden Übertragungsraten bei LTE nicht auf. Erst mit 5G haben wir eine stabile Rate ohne Unterbrechungen.“
Industrial Internet of Things: Was macht 5G in der Produktion künftig möglich?
Die bestehenden Funktechnologien reichen für die zukünftigen Ansprüche einer Smart Factory somit nicht mehr aus. Der Industriebereich mit seinen komplexen und riesigen Roboter-Anlagen ist eben nicht zu vergleichen mit dem Haushalt mit seinen kabellosen Telefonen und WLAN-fähigen Fernsehern. Das Industrial Internet of Things (IIoT) braucht mehr: eben 5G. „Wir sehen immer mehr vernetzte Geräte, immer mehr mobile Verbindungen, bei denen ein Kabel als Verbindungsmethode einfach nicht funktioniert. Hier sehen wir 5G als eine Ergänzung zu WLAN. Die Technologie wird aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit sehr viele Anwendungsfälle erst möglich machen“, erklärt Kolb.
Er denkt dabei etwa an mobile fahrerlose Transportsysteme. Diese kommunizieren heute bereits über WLAN, kämpfen aber immer wieder mit abbrechenden Verbindungen und Fehlern. Ein anderer Gedanke von Kolb sind kabellose Werkzeuge wie Schrauber, Scanner oder andere tragbare, elektronische Geräte.
Eines ist sicher: Menschen und Maschinen werden über 5G effizient und zuverlässig miteinander vernetzt. Die Smart Factory wird noch smarter. Auch wenn es erst einmal nur der kleine Roboter-Greifarm ist, der entfesselt wird.
