Mobilität der Zukunft: die rechtlichen Aspekte

Welche Herausforderungen stellt das autonome Fahren an das Straßenverkehrsrecht? Wie steht es um die Haftung im Fall eines Unfalls? Und ist eine Harmonisierung internationaler Rechtssysteme für das autonome Fahren möglich? Mit diesen zentralen Fragen zur Mobilität von morgen beschäftigt sich die von Audi erstellte Expert_innen-Studie „SocAIty“. Der Rechtsbereich ist – neben den technologischen und ethischen Herausforderungen beim autonomen Fahren – einer der drei Schwerpunkte der Untersuchung.
Den Fortschritt im Blick: autonomes Fahren und das Gesetz
Welche Herausforderungen stellt das autonome Fahren an das Straßenverkehrsrecht? Wie steht es um die Haftung im Fall eines Unfalls? Und ist eine Harmonisierung internationaler Rechtssysteme für das autonome Fahren möglich? Mit diesen zentralen Fragen zur Mobilität von morgen beschäftigt sich die von Audi erstellte Expert_innen-Studie „SocAIty“. Der Rechtsbereich ist – neben den technologischen und ethischen Herausforderungen beim autonomen Fahren – einer der drei Schwerpunkte der Untersuchung.

Technologie eilt dem Recht voraus
Ganz allgemein, so die Studie, dürfe man davon ausgehen, dass die Gesetzgebung technologischen Entwicklungen nicht im Wege stehe: Sie werde auf neue technologische Errungenschaften reagieren und entsprechende Regelwerke erlassen. Allerdings sehen viele der an der Studie beteiligten Expert_innen hier auch große Herausforderungen. Die technologische Entwicklung eile dem rechtlichen Rahmen in einigen Ländern voraus – beispielsweise in China und den USA –, was zu Ungewissheit und Verunsicherung bei Unternehmen und Nutzer_innen führen könne.
Sicherheit an erster Stelle
Für Deutschland gilt dies jedoch nicht. Hier hat der Gesetzgeber sehr früh rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, die die Sicherheit an die erste Stelle setzen und die Technologie zum Beispiel nur in einer kontrollierten Umgebung ermöglicht. Aufgabe der Rechtssetzung werde es nun sein, auf technologische und gesellschaftliche Entwicklungen flexibel zu reagieren. Die Expert_innen der Studie plädieren deshalb für einen evolutionären Ansatz. Gefordert sei ein fortwährender Dialog aller Beteiligten aus Industrie, Politik, Gesellschaft und Justiz, der in transparenten Prozessen bestmögliche Sicherheit und Akzeptanz für die Gesellschaft sicherstellt.
Gesetz von 2021 ist ein Brückengesetz
Vom Grundsatz her verfolgt Deutschland dies bereits und gilt deshalb im internationalen Vergleich als Pionier in der Gesetzgebung. Schon seit 2017 dürfen autonome Fahrsysteme unter bestimmten Voraussetzungen Tätigkeiten übernehmen, für die bis dahin ausschließlich der Mensch zuständig war (Level 3). Und im Juni 2021 wurde nun auch ein Rechtsrahmen geschaffen, der autonome Fahrzeuge ab Level 4 im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb anerkennt, allerdings nur in definierten Bereichen (z.B. Shuttle-Verkehre von A nach B, „People Mover“-Busse auf festgelegten Routen oder „Dual Mode Fahrzeuge“, wie etwa beim „Automated Valet Parking“). Dieses Gesetz ist aber nur ein erster Schritt für eine umfassendere Regulierung. Der Gesetzgeber sieht es als „Brückengesetz“. Im nächsten Schritt müssen nun gemeinsame europäische Initiativen folgen – u.a mit Blick auf die Unterschiede zwischen Rechts- und Linksverkehr, um nur ein Beispiel zu nennen.

Der Mensch trägt die letzte Verantwortung
Eine Kernfrage beim autonomen Fahren lautet aber auch: Wer haftet im Fall eines Unfalls, in den ein autonomes Fahrzeug verwickelt ist? Sind es die Fahrer_innen, die Halter_innen oder die Hersteller? Oder gar die Maschine oder der Algorithmus, der das Fahrzeug steuert? Einig sind sich die Expert_innen: Maschinen oder Algorithmen, wie intelligent sie auch sein mögen, werden nie juristisch haftbar gemacht werden können. Denn: „Bereits kulturell ist angelegt, dass Menschen die letzte Verantwortung übernehmen, auch wenn diese theoretisch durch eine Maschine getragen werden könnte“, so die Studie.
Haftpflicht und Produkthaftung sind in Deutschland eindeutig
Zudem ist das Thema Haftung im deutschen Haftungsrecht eindeutig festgelegt. Es definiert im Verkehr den_die Halter_in generell als die haftende Person. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist als Pflichtversicherung fest verankert und sozial akzeptiert. Die Haftpflicht muss nicht von grundauf geändert werden, sondern kann auf das autonome Fahren übertragen werden. Auch die Regeln für die Produkthaftung hat das Gesetz von 2017 unangetastet gelassen und damit festgelegt: Wenn ein Level-3-System aktiviert ist und es aufgrund einer Fehlfunktion zu einem Unfall kommt, wird der Fahrzeughersteller im Rahmen der Produkthaftung in Anspruch genommen.
Die Suche nach Fehlerquellen wird komplexer
Wenn man aber, so die Studie weiter, davon ausgeht, dass in naher Zukunft vermehrt Fahrzeuge der Levels 4 bis 5 auf die Straße kommen, wird die Suche nach möglichen Fehlerquellen immer komplexer. Denn zukünftig müsse „eine Vielzahl von Fragen beantwortet werden, um zweifelsfrei festzustellen, wer letztendlich juristisch haften muss. War ein autonomes System aktiv? Hat der_die Fahrer_in einen Fehler gemacht? Ist der_die Halter_in den Wartungspflichten nachgekommen? Lag der Fehler bei einem Mobilfunkanbieter, Netzbetreiber oder Kartenanbieter? Oder an einem anderen Bestandteil der Infrastruktur (z. B. defekte Straßen oder Ampeln)?“
Blackbox zur Unfallnachverfolgung als Lösung?
Weil diese teilweise schwer zu klärenden Fragen die Justiz stark fordern werden, denke man schon heute darüber nach, wie technische Lösungen zur Unfallnachverfolgung aussehen könnten. Eine Option ist eine Art „ Blackbox“ für Fahrzeuge, die es bereits heute in begrenztem Umfang gibt: Sie zeichnet einen möglichen Unfallhergang auf, um die Ursachen im Nachgang zweifelsfrei feststellen zu können. Doch auch hier stehe im Hintergrund weiterhin der Mensch in der Verantwortung für das Funktionieren einer solchen Hardware. Das Fazit lautet also – nicht nur für diesen Teilaspekt, sondern für alle Herausforderungen, die das autonome Fahren in rechtlicher Hinsicht mit sich bringt: „Die rechtlichen Anforderungen an den Menschen werden eher nicht abnehmen.“
Initiative &Audi
Die Audi Initiative für einen verantwortungsvollen Umgang mit neuen technologischen Entwicklungen wie dem autonomen Fahren und künstlicher Intelligenz.